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Info-Blatt: Gute Wissenschaftliche Praxis

Checkliste: Gute Wissenschaftliche Praxis

Die Gute Wissenschaftliche Praxis regelt den fairen Umgang mit anderen Forschenden, aber explizit auch mit Forschungsdaten innerhalb des Wissenschaftssystems. Es handelt sich um Standards, die das Wissenschaftssystem für sich selbst festlegt und als verbindlich setzt. Diese basieren auf Grundprinzipien wie Unabhängigkeit, Ehrlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Transparenz und Fairness.

Auf europäischer Ebene gibt „The European Code of Conduct for Research Integrity“ den Rahmen für Gute Wissenschaftliche Praxis vor. Der Code wurde von der European Federation of Academies of Sciences and Humanities (ALLEA) erarbeitet und zuletzt 2023 aktualisiert.

In Deutschland sind die unten näher ausgeführten „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der DFG, kurz „Kodex“, maßgeblich.
Der DFG-Kodex musste von allen Hochschulen und weiteren Wissenschaftseinrichtungen rechtsverbindlich in eigenen Satzungen Leitlinien etc. umgesetzt werden, um weiterhin DFG-Fördermittel erhalten zu können.

Hinzu kommen fachspezifische Vorgaben zur Guten Wissenschaftlichen Praxis. Hier bieten die jeweiligen Fachgesellschaften und – mit einem spezifischen Blick auf den Umgang mit Forschungsdaten – die jeweiligen Konsortien der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) Orientierung.

Es liegt in der Verantwortung der Forschenden, sich selbstständig über allgemeine und fachspezifische Vorgaben und Empfehlungen zur Guten Wissenschaftlichen Praxis zu informieren und diese umzusetzen.

Leitlinien zur Guten Wissenschaftlichen Praxis der DFG
Der DFG-Kodex umfasst insgesamt 19 Leitlinien in drei Abschnitten. In Bezug auf den Umgang mit Forschungsdaten werden insbesondere folgende Aspekte adressiert:
- Qualitätssicherung im Forschungsprozess (Leitlinien 7, vgl. auch 9 und 11)
  Forschende halten in allen Phasen des Forschungsprozesses überfachliche und fachspezifische Qualitätsstandards ein. Dies beinhaltet explizit den Umgang mit Forschungsdaten. Forschende legen die Herkunft von Daten, Organismen, Materialien und Software offen. Dies umfasst die Nennung der Quelle, die Beschreibung der Art und des Umfangs der generierten Forschungsdaten und die Kennzeichnung der Wiederverwendung von Daten. Transparenz über die Datenherkunft ist essenziell, um die Nachvollziehbarkeit der Forschungsergebnisse zu ermöglichen und die Möglichkeit der Replikation durch andere Forscher zu gewährleisten. Irrtümer und Fehler in (Daten-)Veröffentlichungen werden transparent gemacht und schnellstmöglich korrigiert.
- Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen (Leitlinie 10)
  Forschende befolgen die geltenden rechtlichen und ethischen Vorgaben. Sie treffen Vereinbarungen über die Nutzungsrechte an Daten und Ergebnissen, die im Rahmen eines Forschungsprojekts generiert werden, und dokumentieren diese. Dies ist besonders wichtig, wenn Forschende oder Einrichtungen an einem Kooperationsprojekt beteiligt sind. Klare Vereinbarungen über die Datennutzung beugen Konflikten vor und ermöglichen eine effiziente Zusammenarbeit in der Forschung. Die Nutzung der Daten soll vorrangig den sie erhebenden Wissenschaftler*innen zukommen.
  Aus ethischer Perspektive prüfen Forschende die möglichen Folgen ihrer Forschung kritisch und berücksichtigen sicherheitsrelevante Aspekte (Dual Use).
- Dokumentation von Daten (Leitlinie 12)
  Forschende erstellen eine klare und nachvollziehbare Dokumentation aller relevanten Informationen, inkl. der zugrundeliegenden Forschungsdaten, zur Erstellung eines Forschungsergebnisses. Dies umfasst auch die Dokumentation von Ergebnissen, die die Forschungshypothese nicht unterstützen, um eine selektive Auswahl von Ergebnissen zu vermeiden. Die Dokumentation muss so detailliert sein, dass die Ergebnisse von anderen Forschenden überprüft und bewertet werden können.
- Zugänglichmachung von Daten (Leitlinien 13, 14 und 15)
  Forschende machen alle Ergebnisse ihrer Forschung im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurses zugänglich. Dies beinhaltet, soweit möglich und zumutbar, auch die Bereitstellung der zugrundeliegenden Forschungsdaten, Materialien und Informationen in anerkannten Archiven und Repositorien gemäß den FAIR-Prinzipien.
  Beiträge zur Datenerhebung und/oder -auswerten begründen eine (Mit-)Autorschaft.
- Archivierung von Daten (Leitlinie 17)
  Forschende sind verpflichtet, Forschungsdaten und -ergebnisse sowie zentrale Materialien und verwendete Software mit adäquaten Mitteln zu sichern und für einen angemessenen Zeitraum (in der Regel 10 Jahre) zu archivieren, wenn dem nicht wichtige Gründe entgegenstehen. Die Sicherung und Archivierung von Daten ist essenziell, um die langfristige Verfügbarkeit von Forschungsdaten zu gewährleisten und ihren Verlust zu verhindern.

Wissenschaftliches Fehlverhalten im Umgang mit Forschungsdaten

Verstöße gegen die Gute Wissenschaftliche Praxis verstoßen nicht unbedingt gegen geltendes Recht. So ist zwar das Plagiat eines wissenschaftlichen Textes als Verstoß gegen das Urheberrecht zu ahnden, da wissenschaftliche Texte im Allgemeinen als schutzfähige Werke gelten. Forschungsdaten sind jedoch nur in bestimmten Fällen urheberrechtlich schutzfähig. Ihr Plagiat, d.h. die Verwendung von Forschungsdaten ohne Kenntlichmachung ihres Ursprungs, stellt somit keinen Verstoß gegen das Urheberrecht dar. Es gilt jedoch als wissenschaftliches Fehlverhalten und kann als solches sanktioniert werden.

Als wissenschaftliches Fehlverhalten gilt, wenn Forschende vorsätzlich oder grob fahrlässig Falschangaben machen, sich wissenschaftliche Leistungen anderer unzulässig zu eigen machen oder die Forschungstätigkeit anderer Wissenschaftler*innen beeinträchtigen. Auch die Verletzung der Aufsichtspflicht, etwa gegenüber Wissenschaftler*innen in der Qualifizierungsphase, gilt als wissenschaftliches Fehlverhalten.

Die DFG führt in ihrer „Verfahrensordnung zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten“ diese Punkte noch detaillierter aus und definiert ein Verfahren zur Überprüfung möglichen Fehlverhaltens sowie mögliche Sanktionen, die von schriftlichen Rügen bis zur Rücknahme von Förderentscheidungen und Rückforderung aller Mittel reichen.
Analog zu den Leitlinien zur Sicherung Guter Wissenschaftlicher Praxis haben die Hochschulen und weiteren Wissenschaftseinrichtungen auch eigene, einrichtungsspezifische Ordnungen zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten nach dem Vorbild der DFG umgesetzt. Die Vorgaben sind für alle Mitglieder und Angehörige der jeweiligen Hochschule und Einrichtung verpflichtend.

Als Ansprechperson benennt jede Hochschule und jede Einrichtung mindestens eine Ombudsperson, an die sich ihre Mitglieder bei Verdachtsfällen auf wissenschaftliches Fehlverhalten wenden können. Ebenso kann man sich an das überregionale „Ombudsgremium für die wissenschaftliche Integrität in Deutschland“ als zusätzliche unabhängige Instanz wenden. Das Ombudsgremium sowie die Ombudspersonen sind in der Untersuchung von ihnen angezeigten Verdachtsfällen zur Vertraulichkeit verpflichtet.

FAIR-Prinzipien
Die internationalen FAIR-Prinzipien dienen als Richtlinien für die Beschreibung, Speicherung und Veröffentlichung wissenschaftlicher und administrativer Daten. Ihr Ziel ist es, Daten so aufzubereiten, dass sie unter klar definierten Bedingungen sowohl von Menschen als auch von Maschinen effizient wiederverwendet werden können. Dabei liegt der Fokus auf der Verbesserung der Identifizier- und Auffindbarkeit, Zugänglichkeit, Interoperabilität und Wiederverwendbarkeit von Forschungsdaten, mit besonderem Augenmerk auf deren maschinelle Nutzbarkeit.

Der Umgang mit Forschungsdaten sollen laut der FAIR-Prinzipien folgende Kriterien erfüllen:
- F Findable – auffindbar: Forschungsdaten werden über Metadaten detailliert beschrieben und über persistente Identifikatoren zweifelsfrei identifizier- und auffindbar gemacht.
- A Accessible – zugänglich: Forschungsdaten können anhand ihres singulären Identifikators über ein standardisiertes, offenes und kostenloses Kommunikationsprotokoll abgerufen werden. Die Metadaten bleiben auch dann verfügbar, wenn die Daten selbst nicht mehr zugänglich sind.
- I Interoperable – interoperabel: Für die (Meta-)Daten wird eine formale, zugängliche, gemeinsame und weithin anwendbare Sprache zur Wissensdarstellung verwendet, die den FAIR-Grundsätzen entspricht.
R Reusable – wiederverwendbar: (Meta-)Daten haben mehrere genaue und relevante Attribute, verweisen auf ihre Herkunft, entsprechen den jeweiligen fachspezifischen Standards und werden mit einer klaren und zugänglichen Datennutzungslizenz freigegeben.

Gute Wissenschaftliche Praxis und Künstliche Intelligenz
In Ergänzung zum bestehenden rechtlichen Rahmen definiert auch die Gute Wissenschaftliche Praxis verbindliche Vorgaben zum Umgang mit KI in der Forschung.
Da sich die KI-Modelle dynamisch entwickeln, muss auch ihre Regulierung dynamisch angepasst werden. Für einen aktuellen Überblick zu den gelten Vorgaben in der GWP sei auf das FAQ Künstliche Intelligenz und GWP des Ombudsgremiums, die „Stellungnahme des Präsidiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zum Einfluss generativer Modelle für die Text- und Bilderstellung auf die Wissenschaften und das Förderhandeln der DFG“ und die „Living Guidelines on the Responsible Use of Generative AI in Research“ der EU-Kommission verwiesen.

Laut Guter Wissenschaftlicher Praxis müssen Forschende folgende Punkte bei der Verwendung von generativen KI-Systemen beachten:
- KI-Systeme können nicht (Mit-)Urheber und auch nicht (Mit-)Autor sein. Daraus folgt, dass die alleinige Verantwortung für die Nutzung von Forschungsdaten, aber auch für eventuelle Fehler der KI (z.B. Plagiat durch fehlende Kenntlichmachung, Halluzination von Daten, Bias) bei den Forschenden liegt.
- Die Nutzung von KI im Forschungsprozess und für Publikationen muss gekennzeichnet werden. Fördergeber und Publikationsorgane machen hierzu unterschiedliche Vorgaben. Mindestens muss jedoch genannt werden: Name der genutzten KI, Version, Datum der Nutzung, URL.
Fachspezifisch kommt zudem die Verpflichtung dazu, die Nutzung von KI zu dokumentieren.

Relevante Leitlinien

ALLEA: The European Code of Conduct for Research Integrity: Link | Download
DFG: Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (Kodex) / Guidelines for Safeguarding Good Research Practice. Code of Conduct: Link Kodex | Download Kodex
EC: Living Guidelines on the Responsible Use of Generative AI in Research: Link | Download

Literatur und Links

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (2020): Praxisleitfaden für Integrität und Ethik in der Wissenschaft. Wien. URL: https://www.bmfwf.gv.at/dam/jcr:961fc29f-e42c-4d98-93c2-76fdbe94180e/Praxisleitfaden%20f%C3%BCr%20Integrit%C3%A4t%20und%20Ethik%20in%20der%20Wissenschaft_Stand_29-9-2020_Final.pdf (zuletzt geprüft: 22.08.2025).
Deutsche Forschungsgemeinschaft (2023): Stellungnahme des Präsidiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zum Einfluss generativer Modelle für die Text- und Bilderstellung auf die Wissenschaften und das Förderhandeln der DFG. URL: https://www.dfg.de/resource/blob/289674/ff57cf46c5ca109cb18533b21fba49bd/230921-stellungnahme-praesidium-ki-ai-data.pdf (zuletzt geprüft: 22.08.2025).
Frisch, Katrin (2024): FAQ Künstliche Intelligenz und gute wissenschaftliche Praxis. Zenodo. DOI: https://doi.org/10.5281/zenodo.14045172.
Frisch, Katrin (2023): Wie Forschungsdatenmanagement und gute wissenschaftliche Praxis voneinander profitieren. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 70(6):318-325. https://doi.org/10.3196/186429502370653.
Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI): Konsortien. URL: https://www.nfdi.de/konsortien/ (zuletzt geprüft: 29.08.2025).
Ombudsgremium für die wissenschaftliche Integrität in Deutschland. URL: https://ombudsgremium.de/ (zuletzt geprüft: 29.08.2025).
Deutsche Forschungsgemeinschaft: Online-Portal Wissenschaftliche Integrität. URL: https://wissenschaftliche-integritaet.de/ (zuletzt geprüft: 29.08.2025).